Die Anfänge

Bereits beim ersten Peter-und-Paul-Fest nach dem Krieg stellten einige Personen Bauern dar. Der erste Bauer überhaupt war Helmut Hell, der eine Gruppe Jugendlicher entsprechend einkleidete und mit ihnen als loser Haufen den Festzug bereicherte. Im Jahre 1960 nahmen Hermann und Margarete Stoll erstmals am Festzug teil. Dies war die Geburtsstunde der heutigen Bauerngruppe. Dazu erzählte Hermann Stoll oft folgende Anekdote:

1960, vor dem Peter-und-Paul-Fest, sagte meine Frau zu mir: ....

"Wie wär's, wenn wir an Peter-und-Paul mal mit den Kindern im Festzug mitlaufen würden?" Diese Frage überraschte mich dermaßen, dass ich verblüfft war und ihr nur antworten konnte "Dich hat's wohl erwischt". Aber letzten Endes brachte es meine Frau fertig und schleppte mich zu Alt-Brettheims Nähstube, wo wir beide mit Bauernkostümen eingekleidet wurden. Die Gewänder für die Kinder schneiderte meine Frau selbst. Das ich während des Festzuges nicht von einer Verlegenheit in die andere käme, brauchte ich etwas in der Hand. So nahm ich einen Knüppelstock mit Landjäger und einem roten Sacktuch am oberen Ende. Das war zwar nicht historisch, aber etwas zum Festhalten. so machten wir uns auf den Weg zur Festzugaufstellung in der Reuchlinstraße. Dort stellte ich überrascht fest, dass ich der einzige männliche Festzugsteilnehmer der Bauerngruppe war. Das hob natürlich meine Stimmung nicht gerade, weil ich der ganzen Sache von vornherein mit Skepsis gegenüberstand. Bei dieser ungewohnten Sache in einem Festzug, in einer ungewohnten Tracht, mit zu laufen, kam ich mir ziemlich komisch vor. Dem allem musste ich Luft verschaffen, und als wir in den Marktplatz einzogen, kam das befreiende und erlösende „Hoch lebe der Bauernstand!" aus meinem Mund. Zunächst erschrocken über mein Geschrei, aber dann kräftig mit einstimmend, zog die kleine Bauerngruppe durch die Stadt.“

Damit war auch der Schlachtruf der Bauern geboren:

Hoch lebe der Bauernstand!

Der Zusatz „Nieder mit dem Adel!" wurde ein paar Jahre später von Werner Hellebrand hinzugefügt. Diesen Schrei mochte der Bauernführer Hermann Stoll allerdings nicht. Er war der Obrigkeit in jeder Lebenslage wohl gesonnen.

Bereits ein Jahr später nahmen auf Betreiben von Hermann Stoll schon 33 Personen in Bauerngewändern am Festzug teil. In den darauf folgenden Jahren wuchs die Mitgliederzahl auf über 60 Personen an. Die Bauerngruppe hat sich im Laufe der Jahre mit allerlei alten Gerätschaften ausgerüstet: Holzgabeln, Rechen, Dreschflegel, Sicheln, Körbe, Simmere und sogar einen alten Holzpflug konnte Hermann Stoll bei den Bauern der umliegenden Ortschaften beschaffen. Im Herbst 1962 unternahm Hermann Stoll den Versuch, die lose Gruppe in die Bauerngruppe zu verwandeln. Über 60 Personen folgten seiner Einladung. So wurde im Dezember des gleichen Jahres die erste Weihnachtsfeier veranstaltet.

Bereits 1963 wollte die neu gegründete Gruppe mehr als nur Festzuglaufen. So traf man sich am Abend des Peter-und-Paul-Montags zwanglos auf dem Marktplatz. Man saß herum und wusste nichts Rechtes anzufangen. Dass alle Hunger und Durst hatten, war klar - großen Appetit auf ein richtiges Vesper mit einem schönen, kühlen Bier. Wie es scheint war der Brettener Marktplatz Anno 1963 - obwohl Festplatz - nicht gerade das Schlaraffenland. Um hier Abhilfe zu schaffen, ging man nach Hause und schleppte herbei, was Küche und Keller zu bieten hatte. Es gab Brot, Büchsenwurst, Käse, saure Gurken. Vom Getranke-Hauber gab‘s süffiges Palmbräu-Bier dazu. So saß man in gemütlicher Runde zusammen und ließ sich das Vesper schmecken. Bald gesellten sich der damalige Stadtvogt Hermann Beuttenmüller und Passanten dazu, so dass es ein vergnüglicher Abend wurde.

Im Laufe des Jahres wurde beschlossen, dieses Montagabendtreffen beim nächsten Peter-und-Paul-Fest 1964 zu wiederholen. Man wollte sich aber an einem festen Standort treffen. So wurde die Idee geboren, in die Kelterei der Familie Hauber zu gehen. Man stellte also im Folgejahr Tische und Bänke auf und dekorierte die Wände. Nach dem Festzug trafen sich dort Bauernbündler mit Freunden und Bekannten zum Vesper und Bier. Die Bauernschänke war gegründet.

Seit nunmehr 50 Jahren werden von den Bauern den Festgästen Hausmacherwurst, Bibeleskäs, Eierbrote und natürlich Palmbräu-Bier angeboten. Nach den ersten Gründerjahren war die Bauerngruppe auch auswärts ein gern gesehener Gast. Regelmäßig wurden die Schäferläufe in Wildberg, Markgröningen und Bad Urach besucht. Gelegentliche Ausfahrten führten nach Weissenbug im Elsaß, nach Mutenz in der Schweiz und zum Bietigheimer Pferdemarkt. Bald wurden auch Jahresausflüge angeboten. Im Gewand unternahmen man kurz vor dem Peter-und-Paul-Fest eine Fahrt zu einer Sehenswürdigkeit in der näheren Umgebung, um für das Brettener Heimatfest zu werben.

Dass die Bauern des Mittelalters nicht nur schwer arbeiten mussten, sondern auch feiern konnten, wollte man mit einer Tanzgruppe zeigen. Im Juli 1975 trat die Gruppe zum ersten Mal mit dem Paar- und Frauentanz auf der Marktbühne auf. Musikalisch begleitet wurden die Tänzer und Tänzerinnen von Oberbauer Walter Sauer auf dem Akkordeon. Später begleitete der Neibsheimer Musikverein mit Bauernmusik die Tanzgruppe.

1985 Vereinsgründung

1979 arbeiteten die Verantwortlichen des Peter-und-Paul-Festes im Rahmen eines neugegründeten „Mittelalterlichen Arbeitskreises" daran, ein neues Samstagnachmittags-Programm zu gestalten und dabei die Zeit um 1504 hervorzuheben. Landsknechte, Bauern, Schäfer, Handwerker sollten mehr in den Mittelpunkt des von drei Säulen (Bürgerwehr, Fanfaren und Mittelaltergruppen) getragenen Festes rücken. Der Ausbau wurde Jahr um Jahr fortgeführt und fand seinen Höhepunkt zum Fest 500 Jahre Peter-und-Paul im Jahre 2004. Die Bauerngruppe war an dieser Entwicklung maßgeblich beteiligt. 1985 hatte der Verein und auch die Organisation des Festes für die Bauern eine Größe erreicht, die es gebot, eine solide Grundlage zu schaffen.

So wurde am 19. Juli 1985 ein eingetragener Verein gegründet. Nachdem Hermann Stoll 25 Jahre den Verein fast allein geführt hatte, wollte er die Verantwortung auf die Schultern einer gewählten Vorstandschaft legen. Bei den ersten Wahlen wurde Hermann Stoll zum ersten Vorsitzenden gewählt, der sich mit Thomas Meier als zweitem Vorstand, Thomas Fahrer als Schatzmeister und Gerhard Meisel als Schriftführer und einem fünfköpfigen Beirat die vielfältigen Aufgaben teilte. Der offizielle Name der Bauerngruppe lautete nun:

„Bauerngruppe Alt-Brettheim 1504 e. V."

Über die Jahre wurde die Bauerngruppe zum Paten anderer Bauerngruppen. Nachdem Wittenberg Partnerstadt von Bretten geworden war, unterstützten die Brettener Bauern dort die Gründung und den Aufbau der Wittenberger Bauerngruppe. So kam es, dass man seit 1992 nach Wittenberg zu "Luthers Hochzeit" fährt und auch die Wittenberger gerne zum Peter- und- Paul- Fest nach Bretten kommen.

Anfang der 90iger Jahre wollte Hermann Stoll aus gesundheitlichen Gründen die Geschicke des Vereins in jüngere Hände legen. Bei der Generalversammlung im März 1992 wurde Gerhard Meisel zum Ersten und Karlheinz Saitner zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Hermann Stoll wurde am gleichen Abend zum Ehrenvorsitzenden und seine Ehefrau Margarete zum Ehrenmitglied ernannt.

1994 Umzug zum Seedamm

Am 1. Juli 1994 konnte das neue Bauernlager auf dem Parkplatz Seedamm eingeweiht werden. Der neue Standort brachte bereits im ersten Jahr großen Erfolg und wurde vom Publikum sehr positiv angenommen. In den folgenden Jahren wurde der Seedamm für Teilnehmer und Gäste zum beliebtesten Platz auf dem Peter-und-Paul-Fest.

Als die Bauerngruppe aber 1994 den Umzug durch das „Tor“ wagte, prophezeite man jedoch nichts Gutes. Aus Angst vor dem Abseits stehen ließ die Gruppe am Reutlinger-Durchgang sogar eine Holztafel als Wegweiser für die Gäste anbringen.

Das Jahr 1995 war für die Bauernbündler ein schwarzes Jahr. Im März verstarb die Frau des ersten Vorsitzenden Moni Meisel, Anfang Juli der langjährige Bauer Rudi Kugele während einer Ausfahrt und am 19. Juli der Gründer und langjährige Vorstand der Bauerngruppe, der Ehrenvorsitzende Hermann Stoll. Alle drei Mitglieder waren ein schwerer Verlust für den Verein, hatte doch jeder in seinem Bereich tatkräftig zum Erfolg der Bauerngruppe beigetragen.

Im Jahr 2000 wurde Anita Burkhardt, anstelle von Gerhard Meisel, der sein Amt aus geschäftlichen Gründen nicht mehr wahrnehmen konnte, zur 1. Vorsitzenden gewählt. Holger Müller übernahm den 2. Vorsitzenden. Beide führten den Verein sehr erfolgreich und konnten im Jahre 2010 mit einem Jubiläumsjahr kräftig Feiern.

2010 Jubiläumsjahr

Im Jahr 2010 gab es drei Jubilän der Bauerngruppe Alt Brettheum 1504 zu feiern.

  • 50-jährige Bestehen der Bauerngruppe Alt Brettheim 1504,
  • 35 Jahre Bauerntanz-Gruppe und
  • 25 Jahren eingetragener Verein

Zu diesen Anlass hat die Bauerngruppe eine Ausstellung "Hoch lebe der Bauernstand! - Bäuerliches Leben im Kraichgau im Wandel der Zetien!" und den Themenwochenenden Schlachtfest, Tanz- und Musikfestival und Erntedankfest auf die Beine gestellt.

Für die Ausstellung wurden viele interessante Gegenstände aus längst vergangenen Tagen zusammengetragen, die das Publikum am Peter-und-Paul-Fest meistens nur von weitem bestaunen kann. Diese Gerätschaften lassen die Mühe erahnen, die ein Bauer im Mittelalter hatte, um eine erfolgreiche Ernte einzufahren. In Bildtafeln wurde die Entwicklung und dern Wandel der Landwirtschaft bis hin zur Gegenwart präsentiert. Diese Ausstellung war ebenfalls eine kleine Aufmerksamkeit für die Bauernschaft, den Stand, den sich unsere Mittelalter-Gruppe für die Darstellung erwählt hat.
Zur Ausstellungseröffnung am 4. März 2010 im Gerberhaus konnten viele Gäste begrüßt werden, die sich am Eröffnungsbuffet in bäuerlicher Tradition (Leber-, Griebenwurst und Schwartenmagenbrot) erfreuen konnten. Beim anschließenden Schlachtfest am 6.-7. März erfreuten sich die Gäste und Mitglieder der Bauerngruppe an zünftigem Essen. Hierbei wurde der ehemalige Vorstand Gerhard Meisel für 30 Jahre Mitgliedschaft geehrt und auch weitere Mitglieder wurden mit der bronzenen, silbernen oder goldenen Ehrennadel bedacht. Zum Musik- und Tanz Festival am 24.-24. April hat die Tanzgruppe der Bauern die Brettener und Gäste aus dem Umland in ihren Bann gezogen. Bei schönsten Wetter hatte man die Gelegenheit gleich mitzutanzen. Zum Abschluss des Jubiläumsjahres gab es ein Erntedankfest 25.-26. September mit einer Traktoren- und Maschinenschau. Hier zu konnten wieder viele Gäste einen schönen Programm folgen und sich in der Austellung im Gerberhaus umschauen.

Ein besonderes Ereignis gab es zum Peter-und-Paul Fest als sich Melanie Simmel und Thomas Mack das Ja-Wort gaben. Es wurde eine große Bauernhochzeit im Bauernlager am Seedamm gefeiert.

Zukünftiges

2019 ist der Verein so lebendig wie nie. Die Verantwortung wird in die Hände der nächsten Generation gelegt und neue Beziehungen zu anderen Mittelaltergruppen werden geknüpft. Gerade die jüngeren Bauern besuchen neue Feste im Südlichen Raum Deutschlands und werben für das Peter-und-Paul-Fest und ihre Heimatstadt Bretten.